Gestalten mit Herz und Verstand

SPD Kahla/ Südliches Saaletal

Demokratie braucht Demokraten!

Veröffentlicht am 25.02.2016 in Gemeinderat

Erklärung der SPD-Fraktion im Kahlaer Stadtrat zu den Anschlägen am 15. Februar 2016 auf den Demokratieladen und das SPD-Bürgerbüro
zur Stadtratssitzung am 25. Februar 2016

Demokratie braucht Demokraten!

Dies ist die erste Sitzung des Stadtrates nach den Anschlägen auf den „Demokratieladen“ und das SPD Bürgerbüro in Kahla. In beiden Einrichtungen wurden die Fensterscheiben zerschlagen. Darüber hinaus wurde auf den Demokratieladen ein Brandsatz geworfen.

Damit hat die politisch motivierte Gewalt in Kahla eine neue Stufe erreicht. Die Täter haben für ein politisches Statement bewusst, wissentlich und wollentlich die Gefährdung der Unversehrtheit von Menschen in Kauf genommen.

Was wäre gewesen, wenn das Haus angefangen hätte zu brennen? Hätte sich die dort wohnende Familie retten können? Was wäre gewesen wenn das Feuer auf Nachbarhäuser übergegriffen hätte?

In was für einem Land leben wir eigentlich?

Die Würde des Menschen ist unantastbar!

Die Würde des Menschen ist unantastbar! Die Würde aller Menschen!

Wollen wir zulassen, dass in dieser Stadt sachliche Diskussionen nicht mehr stattfinden? Ist in dieser Stadt der gegenseitige Respekt verloren gegangen?

Die Gewaltbereitschaft, die sich in den letzten Monaten im Zuge der sogenannten „Flüchtlingskrise“ stetig steigert, erschreckt uns. Diese Bereitschaft, Grenzen zu überschreiten, äußert sich in Taten und Worten. Kommentare in sozialen Medien triefen vor Abscheu, Hass und Ignoranz, dass es weh tut. Scheiben werden eingeschlagen, jetzt Brandsätze gelegt, Ehrenamtliche bedroht.

Wir treten für Weltoffenheit, Demokratie und Toleranz ein. Meinungsfreiheit halten wir für ein hohes Gut - nicht nur unseres Grundgesetzes. Meinungsfreiheit endet aber dort, wo sie die Rechte Anderer verletzt. Leider scheint dies ebenfalls Normalität zu werden. Diejenigen, die intolerant gegenüber Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion sind, die intolerant gegenüber anders Denkenden sind, nehmen für sich in Anspruch, Toleranz durch die Demokraten zu fordern.

Der Philosoph Carl Popper spricht in diesem Zusammenhang vom Paradox der Toleranz.

„Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“ (1)

Wir treten gegen menschenverachtendes, geschichstvergessenes Gedankengut ein und hoffen, dass Menschen, die bisher gezögert haben, die jüngsten Ereignisse auch und gerade hier in Kahla zum Anlass nehmen, sich für eine weltoffene Gesellschaft einzusetzen und sich klar gegen jede Form von Extremismus und Rassismus stellen.

Wir danken ausdrücklich den Menschen, die dies bisher schon getan haben.

Demokratie muss gelebt, muss verteidigt werden

Es braucht bürgerschaftliches Engagement, es braucht einen gesellschaftlichen Disput darüber, wo sich unsere Stadt, ja unser Land hin entwickeln will. Demokratie ist nicht Gott gegeben. Demokratie muss gelebt, muss verteidigt werden.

Dies gilt auch und gerade hier im Stadtrat. Es ist erschreckend, dass die „Gemeinsame Erklärung des Kahlaer Stadtrates vom 26.November 2015“ von vier Stadträten nicht unterzeichnet wurde.

Ich frage diese Stadträte, warum können Sie diese Erklärung, die antidemokratischen Parolen und Aufmärschen eine klare Absage erteilt, die alle Versuche der politischen Einschüchterung verurteilt und in der Solidarität mit allen Demokraten erklärt wird, nicht unterzeichnen?

Verschweigen ist nicht der richtige Weg

Sehr geehrte Damen und Herren, spätestens seit den Anschlägen auf den Demokratieladen und das SPD-Bürgerbüro muss allen klar sein, dass ein Verschweigen oder Kleinreden der gesellschaftlichen Probleme in Kahla nicht der richtige Weg sein kann. Lassen Sie uns gemeinsam nach angemessenen adäquaten Lösungen suchen!

Die ersten Anträge hierzu haben wir in unserer heutigen Stadtratssitzung eingebracht.

Als einen weiteren Schritt hat die SPD Fraktion die Wanderausstellung „Feinde der Demokratie“ für Kahla organisiert.

Diese Ausstellung soll einen ersten Überblick über die Gefahren des politischen Extremismus vermitteln, sie soll sensibilisieren und damit zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen, z. B. zu Diskussionen anregen. Im Rahmen dieser Ausstellung, die in hervorragender Weise auch für Schulklassen geeignet ist, stehen auch kompetente Vertreter des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz Rede und Antwort. Wir laden die Schulen unserer Region ein, diese Ausstellung für die Unterrichtsgestaltung zu nutzen.

Die Ausstellung wird in der Zeit vom 18. April bis voraussichtlich 29. April 2016 zu sehen sein.

Wegschauen ist nicht mehr erlaubt

Der erste Präsidenten der Weimarer Republik, Friedrich Ebert sagte: "Demokratie braucht Demokraten!" (2)

Heute wissen wir, auf welch grausame Weise er Recht behalten hat!

Was es braucht, ist ein „Aufstand der Anständigen, wegschauen ist nicht mehr erlaubt!“ (3)

Michael Gauer                      Ulf Ryschka               Hans-Christian Schmidt

 

1 Carl Popper; Die offene Gesellschaft und ihre Feinde; Mohr Siebeck, Tübingen.

2 Friedrich Ebert, zitiert nach Henriette Hättich, Studienförderung der Friedrich Ebert Stiftung, 2015.

3 Gerhard Schröder, Der Spiegel vom 4. Oktober 2000; Aufruf anlässlich des Brandanschlages auf die Düsseldorfer Synagoge am 2. Oktober 2000.

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